03. Juni 2009, Mexiko neigt sich dem Ende

und das darf es auch. Nach 6 Monaten und über 15.000 Kilometern allein auf Mexikos Landstrassen wird es Zeit, dass ich weiter ziehe, fort von diesem verzaubernden Land mit dem Atlantik im Osten, dem Pazifik im Westen, dazwischen im Norden den Sierren, die sich im Süden in die Vulkan-Cordillieren fortsetzen, dem Hochland von Mexiko mit seiner Wahnsinnsstadt und seinen 20.000.000 Einwohnern, den Küstenregionen, den Wüstenlandschaften und dem Urwald im Süden. Und mit seinen bezaubernden Menschen, der leichten Art, das Leben zu gestalten, der Fröhlichkeit allüberall. Und dann wieder der melancholisch traurige Gesichtsausdruck und die Gelassenheit…

Ein kleines Resumé nur über die letzten vier Wochen im Südteil des grossen Landes:
México Ciudad ist das Zentrum, ein Muss. Aber wohin dann? An Hand wessen soll ich die Route festlegen? Stadtbesichtigungen, Strände, rumfahren ohne Ziel? Nein, da gibt es Besseres, nämlich die zonas archaeologicas, eine Reise von Tempelpyramide zu Tempelpyramide. Das sind handfeste Ziele und es fallen genügend Nebenprodukte wie playa, hombres und communicationes ab. Und der Süden von Mexiko bietet steinerne Kultur satt, soviel, dass es unmöglich ist, alle Schätze anzusteuern; dazu ruhen Mengen im Verborgenen, die auf Entdeckung und Ausgrabungen warten. Es gibt highlights, die im Führer stehen und solche, die auf dem Parkplatz unter der Hand weitergegeben werden, eine endlose Liste. Auf den ersten Blick ähneln sich die Pyramiden, sind sie doch alle so grob zwischen dem 1. und 10. Jahrhundert nach Christus gebaut worden und teils bis ins 2. Jahrtausend bewohnt gewesen (der allein reisende Archäologiestudent Phillip H. Aus Bonn wird sich bei dieser Aussage schütteln), denn natürlich hat jede Pyramide ihre Geschichte und ihre Besonderheit. Mir zur Erinnerung und dem, der schon mal hier war, zähle ich jetzt einmal die Heiligtümer auf, die ich besichtigt habe und füge eine extrem kurze Charakterisierung als Wiedererkennungsmerkmal bei:

Theotihuacán
Nördlich von M.C. Sonne- und Mondpyramide, Strasse der Toten. Besichtigung mit einer Gruppe aus Spanien und Argentinien, sehr nette Begleitung
Tula
Nördlich von M.C. Toltekisches militaristisches Reich. Tolle Aussicht in die umgebenden Berge; Besuch mit Britta nach meinem Hospital. Ein steinerne Rundsitzgruppe unter einer Tamariske wird die Vorlage für eine solche zu Hause unter unserer Linde
El Tajin
in einer grünen Hügellandschaft bei Poza Rica am Golf von Mexiko. Rechteckige Nischenfenster, viele Ballspielplätze, Menschenopfer
La Venta
bei Villahermosa. Prähispanische Olmekische Kultur
Edzná
bei Campeche. Gran Acropolis. Besuch mit Belem aus Uruguay und Angosto aus Argentinien, Mitfahrer seit dem Morgen
Kabah
Yucatán. Palast der Masken, 300 Darstellungen des Gesichtes von Chac Mool, dem Regengott
Uxmal
Yucatàn. Beeindruckende, grosse Maya-Stätte, gut erhaltene Gebäude. Abendliche Lichtershow. Übernachtung auf dem Parkplatz. Eingehende Besichtigung am folgenden Morgen
Chichén Itzá
Yucatán. Best restaurierte Maya-Stätte. Wunderschöne Pyramide, Maya-Kalender, 1000 Säulen, Plattform der Schädel, Cenote. Hitze, präkollaptisch
Tulum
Quintana Roo. Lage der Ruinen in den Dünen, Machtstellung. Castillo, Aussicht aufs Meer
Cobá
Quintana Roo. Lage im Landesinneren im Regenwald. Stelen. Lange Wege zu den Ruinenstätten, Fahrradverleih
Tikal
Guatemala. Steiler Anstieg zu der Ruinenstätte. Gran Plaza mit 2 Tempeln gegenüber liegend, Tempel 2 darf ich besteigen: tolle Aussicht auf Tempel 1, den Urwald. Besinnung. Ganz vereinzelte Touristen. Die langen Wege, der steile Anstieg, die Mittagshitze und hohe Luftfeuchtigkeit machen zu schaffen. Pausen und Flüssigkeitsausgleich.
Becán
Campeche. Kragbogen, vor kurzem entdeckte Gipsmaske hinter Fensterglas
Calakmul
Campeche. 60Km befestigte Urwaldstrasse. Konkurrent von Tikal, König Jaguarkralle all gegenwärtig. Besuch mit Tages-Amigo Ivan Sharon, Archäologiestudent aus México Ciudad
Palenque
Chiapas. Sagenhafte Maya-Kultur im hügeligen Urwald, phantastische Lage und tolle Ruinen: Templo de las inscripciones, El palacio, Grupo de las cruces, Acrópolis sur- wer das gesehen hat, wird es nie vergessen- neben Tikal das Beste
Bonamak
Chiapas. Im Urwald, erst 1946 entdeckt. Templo de las pinturas, Fresken vom Allerfeinsten
Yaxchilán
Chiapas. Im tiefen Urwald. Beeindruckende einstündige Bootsfahrt von Frontera Corozal zur Ruinenstätte, die hoch über dem mexikanisch-guatemalischem Grenzfluss Usumacinta liegt. Edificio 33, bestens erhaltener Tempel mit Schnitzereien und Reliefs.

Hier, mitten im Urwald, mutterseelen allein jongliere ich glitschige und steile Stufen bergauf, bergab und stolpere über Wege mit Wurzelfallen von Gebäude zu Gebäude. Die Hitze und Feuchtigkeit führen zu Erschöpfungszuständen, die Pausen und Rehydrierung verlangen. Was passiert, wenn ich umknicke oder mich eine Schlange erwischt…???- Ich trete laut und kräftig auf und verscheuche damit Schlangen und schlechte Gedanken. Dennoch stellt sich die Frage nach der Richtigkeit meines Handelns in dieser Region zu dieser Zeit, dazu alleinreisend, immer öfter.

Morgen geht es nach San Cristobal und dann endgültig nach Guatemala. Bis dann Euer POTR.

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